Bundesweiter Workshoptag „Leaving Care – Herausforderungen Unterstützungsformen im Übergang zur Selbstständigkeit“ (11.07.24)
Beim gemeinsamen Workshoptag Leaving Care mit Careleaver*innen und Vertreter*innen aus der freien und öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe standen Austausch und die gemeinsame Entwicklung von politischen Forderungen zu Unterstützungsstrukturen im Mittelpunkt. So konnten die unterschiedlichen Erfahrungen und Ideen gemeinsam diskutiert und abgewogen werden, was ein vertieftes Verständnis für die verschiedenen Perspektiven schuf.
Ergebnis-Video (Link to Youtube)
Careleaver*innen sind junge Menschen, die in Pflegefamilien, Wohngruppen oder anderen betreuten Wohnformen der stationären Kinder- und Jugendhilfe aufgewachsen sind. Der Begriff umfasst also sowohl junge Menschen im Übergang aus dem Hilfesetting in ein eigenständiges Leben als auch erwachsene Menschen mit Jugendhilfeerfahrung. Leaving Care bezeichnet den Übergangsprozess aus den Hilfen in ein eigenständiges Leben.
Careleaver*innen stehen oft im Kontext der Beendigung der Jugendhilfemaßnahme vor besonderen Herausforderungen. Während junge Menschen, die in ihrem Elternhaus aufwachsen, immer später bei ihren Familien ausziehen, werden junge Menschen in Wohngruppen oder Pflegefamilien mit dem Erreichen der Volljährigkeit angehalten, ihr „Zuhause“ möglichst zügig zu verlassen. Der Übergang in die Eigenständigkeit wird durch eine zu frühe oder ungünstig terminierte Beendigung der Hilfe erschwert. Es kommt zu die Beziehungsabbrüchen zu Vertrauenspersonen und weitreichenden Verunsicherungen, die alle Lebenslagen wie Versorgung, Wohnung, Bildung, Gesundheit, Freizeitgestaltung und soziale Netzwerke betreffen. Bei der Organisation der eigenständigen Lebensführung und der Bewältigung des Alltags sind die jungen Menschen oft auf sich allein gestellt. Eine unsichere Übergangsfinanzierung verstärkt prekäre Lebensverhältnisse. Insbesondere in den sensiblen Übergangsphasen auf dem Bildungs- und Berufsweg stellt Leaving Care eine große Belastung dar.
Die besonderen Herausforderungen der Statuspassage Leaving Care verdeutlichen die Notwendigkeit einer individuellen Begleitung und verlässlicher Unterstützungsangebote, die spezifisch auf Careleaver*innen ausgerichtet sind.
Zum Austausch über geeignete Unterstützungsstrukturen für Careleaver*innen veranstaltete das Kompetenzzentrum Kinder- und Jugendbeteiligung Brandenburg gemeinsam mit der Kinder- und Jugendbeauftragten des Landes Brandenburg, der Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam und der Begegnungsstätte Schloss Gollwitz einen bundesweiten Workshoptag mit über 50 Teilnehmenden aus Politik, öffentlicher Verwaltung, Praxis, Wissenschaft und Interessenvertretungen sowie Expert*innen in eigener Sache mit Jugendhilfeerfahrungen.
Ausgehend von den Bedürfnissen von Careleaver*innen wurde gemeinsam betrachtet, welche Ansätze es braucht, um den Übergang aus Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung und Pflegefamilien in die Selbstständigkeit gut zu gestalten. Gemeinsam wurden Entwicklungsbedarfe bezüglich geeigneter und verlässlicher Unterstützungsstrukturen erarbeitet. Außerdem wurde die strukturelle Verankerung gemeinschaftsstiftender Netzwerke, (Peer-) Beratungsformate und selbstorganisierter Zusammenschlüsse von Careleaver*innen erörtert.
Durch das Programm des Workshoptages führten die Peer Leader*innen Vinzenz Doer und Lennox Doernbrack. Nach Impulsen aus der Careleaver*innen-Forschung von Doro Kochskämper (Universität Hildesheim) folgte eine Lesung von Kurzgeschichten von Lucia C. Rocktäschel (Careleaving Storys). Dem Grußwort des Ministers für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, Steffen Freiberg, schlossen sich Kurzvorstellungen des Careleaver-Zentrums Dresden und des Projektes Careleaver Weltweit an. Vertiefende Informationen zu unterschiedlichen Angeboten und Projekten für Careleaver*innen konnten an den flankierenden Infoständen des Markts der Möglichkeiten eingeholt werden (u.a. mit dem Care Leaver Zentrum Potsdam, dem Careleaver e.V., und dem Kinder- und Jugendhilfe Landesrat Brandenburg)
In den Austauschphasen des Workshoptages wurden in Kleingruppen Herausforderungen, Gelingensbedingungen und Forderungen an die Politik erarbeitet und gemeinsam dokumentiert.
Der Brandenburger Minister Steffen Freiberg hat zugesagt, dass die Ergebnisse des Workshops auf politischer Ebene aufgegriffen werden. Wir sind schon gespannt, was sich daraus ergibt.