Am 27. Juni 2018 hat der Landtag Brandenburg beschlossen, die Kommunalverfassung um § 18a „Beteiligung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen“ zu erweitern. Damit werden die Brandenburger Kommunen verpflichtet, Kinder und Jugendliche zukünftig in allen Entscheidungen zu beteiligen, die ihre Interessen berühren:
(1) Die Gemeinde sichert Kindern und Jugendlichen in allen sie berührenden Gemeindeangelegenheiten Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte.
(2) Die Hauptsatzung bestimmt, welche Formen zur eigenständigen Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen in der Gemeinde geschaffen werden. Kinder und Jugendliche sind an der Entwicklung der Formen angemessen zu beteiligen.
(3) Die Gemeindevertretung kann einen Beauftragten für Angelegenheiten von Kindern und Jugendlichen benennen. Für den Beauftragten gilt § 18 Absatz 3 entsprechend.
(4) Bei der Durchführung von Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, soll die Gemeinde in geeigneter Weise vermerken, wie sie die Beteiligung nach Absatz 1 durchgeführt hat (§18a BbgKVerf).
Zum besseren Verständnis hat das Kompetenzzentrum durch die Kanzlei Dombert (Potsdam) ein Rechtsgutachten erstellen lassen. Wichtige Regelungen sind hier kurz zusammengefasst.
Fortfolgend sind im Überblick weitere wichtige gegenwärtig normierte Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen in völkerrechtlichen und bundesgesetzlichen Regelungen sowie in brandenburgischen Rechtsnormen aufgelistet. Grundsätzlich kann mit der folgenden Einschätzung des Deutschen Kinderhilfswerk argumentiert werden:
„Auf praktisch allen gesetzlichen Ebenen finden sich Ansatzpunkte, wenn nicht gar verpflichtende Bestimmungen, die dem Grundgedanken der Partizipation von Kindern und Jugendlichen Rechnung tragen. Partizipation ist juristisch betrachtet nicht nur möglich, sie scheint sogar geboten.“
Völkerrechtlich garantiert die UN-Kinderrechtskonvention, welche in der Bundesrepublik den Gesetzesrang eines einfachen Bundesgesetztes hat, Kindern und Jugendlichen in den folgenden Artikeln besondere Mitbestimmungsrechte:
- Artikel 12: Berücksichtigung der Meinung des Kindes
- Artikel 13: Recht auf freie Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen
- Artikel 15: Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit
Im Grundgesetz werden Kinderrechte durch die Grundrechte abgesichert:
- Artikel 1: Unantastbarkeit der Würde des Menschen
- Artikel 2: Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit
- Artikel 3: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich
- Artikel 17: Anhörungs- und Petitionsrecht
Trotzdem gibt es seit einigen Jahren Bemühungen, Kinderrechte zusätzlich zu verankern.
Bundesrechtlich existieren viele gesetzliche Regelungen, die direkt bzw. indirekt Kinder- bzw. Jugendpartizipation ermöglichen bzw. fördern sollen. Beispielhaft genannt sei das BauGB (Baugesetzbuch):
- § 1: Berücksichtigung von Sozial-, Kultur- und Wohnbedürfnissen
- § 3: Beteiligung der Öffentlichkeit
und das Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz):
- § 1: Schaffung positiver Lebensbedingungen für junge Menschen und Familien als Aufgabe der Jugendhilfe
- § 5: Wunsch- und Wahlrecht
- § 8: Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
- § 11: Jugendarbeit
- § 12: Förderung der Jugendverbände
Für die brandenburgische Landes- und Gemeindeebene sind insbesondere die folgenden Gesetze aufzulisten:
Verfassung des Landes Brandenburg:
- Artikel 21: Recht auf politische Mitgestaltung
- Artikel 22: Wahlen und Volksabstimmungen
- Artikel 23: Versammlungsfreiheit
- Artikel 24: Petitionsrecht
- Artikel 27: Schutz und Erziehung von Kindern und Jugendlichen
Wahlgesetz (BbgKWahlG):
§ 8: Sachliche Voraussetzungen der Wahlberechtigung - regelt seit 2012 die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre
Petitionsgesetz (PetG):
§ 1: Petitionsberechtigung - unabhängig vom Alter können Kinder und Jugendliche Petitionen an den Landtag richten
Kommunalverfassung (BbgKVerf):
- §§ 3,4: (Haupt)Satzungen
Diese Paragrafen berechtigen Kommunen dazu, kinder- und jugendspezifische Regelungen zu erlassen, soweit anderweitige Rechtsvorschriften nicht verletzt werden.
- § 13: Beteiligung und Unterrichtung der Einwohner
- § 14: Einwohnerantrag
- § 15: Bürgerbegehren, Bürgerentscheid
- § 16: Petitionsrecht
- § 18a: Beteiligung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen
- § 19: Beiräte und weitere Beauftragte
Zudem sei darauf verwiesen, dass es in der räumlichen und infrastrukturellen Entwicklung eine Vielzahl von gesetzlich geregelten Planungs- und Zulassungsverfahren gibt, in denen je nach Rechtsgrundlage unterschiedliche Formen von Einwohnerbeteiligung möglich bzw. vorgeschrieben sind. Weitergehende Informationen dazu sind auf der Website des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg zu finden.